Lobby Blog
Freitag, August 11, 2006
  Sind Abgeordneten-Diäten gut?
In der zurückliegenden Diskussion über das Verhältnis Lobbying ? Mandat wurde immer wieder gefordert, ein Abgeordneter dürfe keine Nebentätigkeit als Lobbyist ausüben. In Folge dieser Debatte trat der Abgeordnete Norbert Röttgen nicht sein Amt als BDI-Geschäftsführer an und der Abgeordnete Reinhard Göhner kündigte an, sein Abgeordnetenmandat niederzulegen und künftig nur noch als BDA-Geschäftsführer tätig sein zu wollen.

Doch ist diese Entwicklung gut? Hat es nicht vielleicht auch Vorteile, wenn ein Mandatsträger noch einen Beruf ausübt? Im ausgehenden 19. Jahrhundert argumentierten die Gegner einer Abgeordnetenentschädigung, die Gewährung von Diäten mache aus dem Abgeordneten, der doch sein Mandat in voller Unabhängigkeit als Ehrenamt ausüben solle, den Erwerbsparlamentarier, der das Mandat zuallererst als Erwerbsquelle betrachte.

Es ist in der Tat die Tendenz erkennbar, dass sich im Bundestag immer mehr Abgeordnete finden, die ausschließlich von der Politik leben und damit von Parteien existentiell abhängig sind, die über ihre Kandidatur entscheiden. Viele Parlamentarier sind so sehr mit ihrem Wahlkreis und ihrer Wiederwahl beschäftigt, dass sie nur wenig Zeit in bundespolitische Fragen investieren. Die Politik wird vermehr von den Parteien und Fraktionen gestaltet. Die Parteien geben die Linie vor, die von den Abgeordneten übernommen wird. Das hat für den Mandatsträger zwei Vorteile: Er muss sich nicht selbst um das Thema kümmern, sondern vertritt einfach die vorgegebene Meinung. Zudem verärgert er nicht seine Partei, was seine Chancen bei der nächsten Wahl erneut nominiert und gewählt zu werden erhöht.

Zwar bedarf der moderne Parlamentsbetrieb des Berufspolitikers, der sich ganz den politischen Geschäften widmet. Dennoch bleibt es dabei: Die berufliche Tätigkeit des Abgeordneten ist das tatsächliche Fundament der Freiheit seines Mandats. Ein wirtschaftlich unabhängiger Abgeordneter kann freier seine Meinung sagen. Er muss nicht immer Sanktionen seiner eigenen Partei befürchten.

Lobbyismus ist nicht nur nichts Anstößiges, sondern ein notwendiger Bestandteil eines offenen Diskurses über das, was politisch gewollt und richtig ist. Verbände, die die Interessen ihrer Mitglieder in den politischen Prozess einbringen, versorgen überdies Parlament und Regierung mit Informationen, die für ihre Arbeit unentbehrlich sind. Zu beanstanden wäre es nur, wenn der Abgeordnete finanzielle oder sonstige Zuwendungen zu dem Zweck erhielte, sein Mandat im Sinne des Gebers auszuüben. Ein solches Verhalten zu Recht verboten.

Siehe hierzu bitte den Blog-Beitrag vom 25. Juli 2006: Interessen versus Gewissen.
 




<< Home

Lobby Blog versucht objektiv über Lobbying zu berichten.

Siehe auch: LobbyBlog bei Twitter

ARCHIVES
Februar 2005 / März 2005 / April 2005 / Mai 2005 / Juni 2005 / Juli 2005 / August 2005 / September 2005 / Oktober 2005 / November 2005 / Dezember 2005 / Januar 2006 / Februar 2006 / März 2006 / April 2006 / Mai 2006 / Juni 2006 / Juli 2006 / August 2006 / September 2006 / Oktober 2006 / November 2006 / Dezember 2006 / Januar 2007 / Februar 2007 / März 2007 / April 2007 / Mai 2007 / Juni 2007 / Juli 2007 / August 2007 / September 2007 / Oktober 2007 / November 2007 / Dezember 2007 / Januar 2008 / Februar 2008 / März 2008 / April 2008 / Mai 2008 / Juni 2008 / Juli 2008 / August 2008 / September 2008 / Oktober 2008 / November 2008 / Dezember 2008 / Januar 2009 / Februar 2009 / März 2009 / April 2009 / Mai 2009 / Juni 2009 / Juli 2009 / August 2009 / September 2009 / Oktober 2009 / November 2009 / Dezember 2009 / Januar 2010 / Februar 2010 / März 2010 / April 2010 / Mai 2010 / Juni 2010 / Juli 2010 / August 2010 / September 2010 / Oktober 2010 / November 2010 / Dezember 2010 / Januar 2011 / Februar 2011 / März 2011 / April 2011 / Mai 2011 / Juni 2011 / Juli 2011 / August 2011 / September 2011 / Oktober 2011 / November 2011 / Dezember 2011 / Januar 2012 / Februar 2012 / März 2012 / April 2012 / Mai 2012 / Juni 2012 / Juli 2012 / August 2012 / September 2012 / Oktober 2012 / November 2012 / Dezember 2012 / Januar 2013 / Februar 2013 / März 2013 / Juli 2013 / September 2013 / Oktober 2013 / November 2013 / Dezember 2013 / Januar 2014 / Mai 2014 / Juni 2014 / Juli 2014 / August 2014 / September 2014 / Oktober 2014 / November 2014 / Dezember 2014 / Januar 2015 / Februar 2015 / März 2015 /


Powered by Blogger